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Zoo Zürich, 15.08.2018

Zoo Zürich, 15.08.2018

Grosser Besucherandrang, mangelnde Erziehung und fragwürdige Vorbilder.

Wie letzte Woche fuhr ich heute erneut in der Hoffnung, einen badenden Tiger zu sehen, pünktlich zur Türöffnung zum Zoo Zürich. Leider sah ich auch dieses Mal keine Raubkatze im Wasser, dafür konnte ich einen weiteren ruhigen, entspannten und interessanten Morgen mit zwei geselligen Amurtigern geniessen. Auch der restliche Tag im Zoo hatte viel zu bieten. Ich könnte von hungrigen Roten Pandas und Bennett-Wallabies berichten. Ich könnte von Amurtigerdame Elena und Schneeleopardin Dshamilja erzählen, die sich unmittelbar vor mir über ihr Mittagessen hermachten. Ich könnte über das faule Löwenmännchen Radja schreiben und mich darüber freuen, den Schneeleoparden Villy endlich wieder einmal aus nächster Nähe gesehen zu haben.

Der heutige Text könnte aber auch den hohen Besucherandrang im Zoo Zürich thematisieren. Er könnte von Müttern handeln, die zu dritt nebeneinander mit ihren Kinderwägen den Besucherstrom blockierten. Ich könnte von Familien erzählen, die ganze Wege für ihr Picknick beanspruchten und ihren Abfall anschliessend liegen liessen. Ich könnte von Eltern berichten, die ihre Kinder über Absperrungen klettern liessen und teilweise sogar eigenhändig darüber hievten. Ich könnte über Kinder schreiben, die sich unter bester Beobachtung ihrer Eltern vordrängelten, andere Besucher anrempelten, diese von ihrem Platz wegdrückten und anschliessend trotz entsprechenden Verbotsschildern an die Scheiben der Tiergehege klopften.

Kindern kann man weniger vorwerfen als ihren Eltern. Aus diesem Grund hat mich der heutige Zoobesuch dazu veranlasst, ein paar Zeilen zum Thema Erziehung und der Vorbildfunktion der Eltern zu schreiben.

Regelmässig beschwert sich die Erwachsenenwelt darüber, wie frech, respektlos und aggressiv die heutige Jugend doch sei. Teenager würden sich für nichts mehr interessieren. Sie seien faul und verbrächten ihre Freizeit nur noch vor Bildschirmen. Am Wochenende würden sie Alkohol- und Drogenexzesse feiern und sich im Ausgang prügeln. "Woher haben sie das nur?", wird meist voller Pathos gefragt, nur um die Schuldigen dann gleich selbst zu benennen: Videospiele! Das Internet! Kinofilme! Rapmusik! Das soziale Umfeld! Schuld sind auf jeden Fall immer die anderen.

Kinder lernen durch Nachahmen. Im Prozess des Heranwachsens kopieren sie das Verhalten ihres Umfelds. Die Eltern sind die engsten Bezugspersonen, daher sollte der Nachwuchs als Chance genutzt werden, hin und wieder das eigene Verhalten zu hinterfragen. Begegnet man anderen Menschen freundlich, höflich, fair, ehrlich und respektvoll? Wie oft hat man das Handy in der Hand und wie oft ein Buch? Verbringt man seine Freizeit auf dem Sofa oder aktiv in der Natur? Nimmt man sich die Zeit, bewusst einzukaufen und gesund zu kochen oder ernährt man sich weitgehend von Fast Food? Wie steht es um den eigenen Alkohol-, Nikotin- und Drogenkonsum? Besteht das eigene Sportprogramm aus effektiver Bewegung oder aus Biertrinken im Stadion und Übertragungen im Fernsehen?

Wer andere Menschen schlecht behandelt, einen ungesunden Lebensstil pflegt und sich nicht für das, was auf der Welt passiert, interessiert, sollte sich nicht wundern, wenn die eigenen Kinder ebenso respektlos, ungesund und desinteressiert werden.

Natürlich kann man seine erzieherische Verantwortung an das Kita-Personal, die Lehrer, den Kollegenkreis der Kinder, den Sportverein und dergleichen abschieben. Man kann überzeugt sein, dass sich die Kinder im rebellischen Teenageralter sowieso von ihren Eltern distanzieren und alles anders machen werden. Man kann darauf hoffen, dass alles schon irgendwie gut gehen wird und die Kinder ihren Weg auf ihre eigene Art finden werden. Man kann gegenüber den Kindern gut gemeinte Worte predigen, selber aber entgegengesetzt handeln und dabei darauf hoffen, dass diese Scheinheiligkeit nicht durchschaut wird. Man kann aber auch mit gutem Beispiel vorangehen und seinen Kindern ein Vorbild sein.

Ein Hoch auf die Eltern, welche sich dieser Verantwortung bewusst sind und ihren Kindern gegenüber nicht nur scheinheilige Worte predigen, sondern einen gesunden, rücksichtsvollen, interessierten, aktiven und disziplinierten Lebensstil vorleben. Das bewusste Ausüben der eigenen Vorbildfunktion ist womöglich die beste Erziehung, die man seinen Kindern mit auf den Weg geben kann.

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