Wildnispark Zürich Langenberg, 22.11.-01.12.2018
Aktive Tiere, ein traumhaftes Nebelmeer und ein Ratgeber für bessere Tierbilder.
Hin und wieder komme ich beim Fotografieren in Wildparks und Zoos mit anderen Besuchern ins Gespräch. Meistens tauscht man Erfahrungen, Geschichten und Anekdoten über die Tiere aus, teilweise werde ich aber auch auf meine Kamera angesprochen und gefragt, was ich schon alles vor der Linse hatte. Zeige ich dann meine Bilder, reagieren die meisten Leute positiv. Das nette Feedback führte schon lange zur Idee, einen Ratgeber für bessere Tierbilder zu schreiben.
Heutzutage kann man bei gutem Licht bereits mit einer Handykamera gute Bilder machen. Gerade in der Tierfotografie sind die Motive allerdings oftmals weit entfernt und der Digitalzoom eines Handys drückt stark auf die Bildqualität. Ich muss jeweils ein wenig schmunzeln, wenn einige Leute ganz erstaunt sagen, dass meine Kamera ja viel bessere Bilder mache als ihr Handy. Glaubt mir: Könnte ich mit einem Handy die gleichen Bilder machen, würde ich nicht einen 15 kg schweren Rucksack mit mir herumschleppen.
Eine gute Kamera und ein gutes Telezoomobjektiv sind daher viel wert. Selbst die beste Ausrüstung führt aber nicht automatisch zu guten Aufnahmen. Auf einer gelungenen Fotografie sollte der Betrachter klar erkennen, was der Fotograf zeigen will. Im besten Fall erzählt das Bild eine Geschichte. Hier unterscheidet sich der Schnappschuss von der gelungenen Fotografie. Ein ausdrucksstarkes Bild mit einer Handykamera kann deutlich ansprechender wirken als ein lieblos gestaltetes Durcheinander mit der teuersten Ausrüstung der Welt.
Mein erster Tipp ist daher: Geduld! Wer einfach blind drauflosschiesst, fängt nur mit viel Glück ein stimmiges Bild ein. Wer hingegen auf den richtigen Moment wartet, erwischt Tiere bestenfalls in Aktion. Sei es beim Spiel, bei der Jagd, bei der Fellpflege, bei Interaktionen mit Artgenossen oder Menschen, ein Tier in Bewegung erzählt immer eine Geschichte. Interessante Bilder entstehen auch, wenn es gelingt, mittels Augenkontakt eine Verbindung zum Tier herzustellen. Vor allem bei Raubtieren haben solche Bilder eine starke Wirkung. Auch ein schlafendes Tier kann zu einer gelungenen Fotografie führen. Der Übergang zum langweiligen Bild ist allerdings ein schmaler Grat und die Situation sollte eine besondere Ruhe, Harmonie und Zufriedenheit ausstrahlen.
Der nächste Tipp ist, sich aktiv um die Bildkomposition zu kümmern. Setzt man das Tier bestmöglich in Szene? Funktionieren Vorder- und Hintergrund? Ist das ganze Tier im Bild oder schneidet man versehentlich Teile davon ab? Befinden sich störende Elemente im Bild? Woher kommt das Licht? Es ist erstaunlich, wie schnell man eine Aufnahme verbessern kann, wenn man seine eigenen Position und/oder den Winkel nur geringfügig verändert.
Der dritter Tipp ist, sich Wissen über die Tiere und deren Verhalten anzueignen. Gerade wenn man auf Tiere in Aktion spekuliert, ist das Wissen, wann und wo sich die Tiere am ehesten zeigen könnten, ungemein hilfreich. Haustiere kann man versuchen zu rufen oder mit Futter und Spielzeug anzulocken, bei Wild- und Raubtieren muss man sich zur richtigen Zeit am richtigen Ort auf die Lauer legen. Eine gewisse Antizipationsfähigkeit hilft ungemein, um den perfekten Moment nicht zu verpassen.
Tipp Nummer vier ist technischer Natur. Wer mit Geduld und Wissen regelmässig interessante Tiermomente vor die Linse kriegt, die grundlegenden Regeln der Bildkomposition kennt, seine Kamera aber nicht beherrscht, wird möglicherweise von seinen Bildern enttäuscht sein. Insbesondere Belichtungszeit und Fokuspunkt müssen bei Tieren in Bewegung perfekt sitzen. Die besten und eindrücklichsten Tiermomente erlebt man selten zweimal, daher lohnt es sich, die Bedienung seiner Kamera im Griff zu haben. Je schneller man die jeweils richtigen Einstellungen seiner Kamera gewählt hat, desto mehr Zeit bleibt, das Geschehen fotografisch einzufangen. Sogar Handykameras bieten zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass gute Bilder nicht zwingend eine teuere Ausrüstung voraussetzen und in vielen Situationen mit dem Handy, einer Kompaktkamera oder einer günstigen DSLR entstehen können. Wachsen die eigenen fotografischen Fähigkeiten, wächst aber oftmals auch der Anspruch an die Technik. Ein Handybild sieht auf dem Handy gut aus, in Postergrösse hingegen eher weniger. Ein Einsteiger-DSLR-Kit ist perfekt, um die Grundlagen der Fotografie zu lernen, in Sachen Bildqualität, Autofokus- und Serienbildgeschwindigkeit bleibt aber noch viel Luft nach oben. Wer alle diese Tipps befolgt und noch immer mit seinen Bildern unzufrieden ist, stösst wohl an die technischen Grenzen seiner Ausrüstung und sollte sich ernsthaft Gedanken machen, Geld in eine hochwertigere Linse und/oder Kamera zu investieren.
Mein letzter Tipp ist daher, sich bewusst zu sein, was die eigene Ausrüstung kann und was nicht. Spätestens wenn man weit entfernte Tiere in Bewegung bei schlechtem Licht fotografieren will, wird man die Vorzüge einer Vollformatkamera mit einem lichtstarken Teleobjektiv schnell zu schätzen wissen. Nur läuft man dann eben mit einem 15 kg schweren Rucksack durch die Gegend.